Ein Trauma entsteht nach überwältigenden Erlebnissen, die nicht verarbeitet werden konnten. Man unterscheidet…

1. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS)

2. Komplexe posttraumatische Belastungsstörungen (k-PTBS)

3. Ein „kleines Trauma“ entsteht nach Scaer (2014)  nach weniger schwerwiegenden Lebensereignissen. Diese „sub-klinischen“ Traumata erzeugen leidvolle Symptome, ermöglichen aber keine PTBS-Diagnose. Scaer beschreibt ein Traumaspektrum, das von leichen bis zu schweren Traumatisierungen reicht. Wiederholte Lebensereignisse können sich in ihrer Wirkung auch summieren.

Häufige Auslöser sind Unfälle, Gewalt oder Missbrauch. Typische Symptome sind Flashbacks, Vermeidung, Schlafprobleme und ständige innere Anspannung. Das Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft, obwohl die Gefahr vorbei ist.

Komplexe PTBS entsteht meist durch langanhaltende oder frühe Traumatisierung, z. B. in der Kindheit. Über die typischen PTBS-Symptome hinaus treten Gefühlsausbrüche (wie Wut, Angst etc.), chronische Scham, innere Leere und Beziehungsprobleme auf. Betroffene leiden oft unter einem negativen Selbstbild. In einer Therapie kann damit gearbeitet werden. Auch Menschen mit weniger ausgeprägten, aber belastenden Symptomen profitieren von therapeutischer Begleitung.

Flashbacks, Albträume, Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit und emotionale Taubheit. Viele vermeiden alles, was ans Trauma erinnert. Ohne Behandlung kann PTBS chronisch werden. Frühzeitige Hilfe verbessert die Prognose deutlich. Auch subklinische Symptome wie Anspannung, chronische Müdigkeit oder Überforderung können durch Trauma verursacht worden sein.

1. Stabilisierung: Die betroffene Person lernt, sich selbst besser zu regulieren und sprichwörtlich wieder den Boden unter den Füßen zu spüren. Das geschieht unter anderem durch Atemtechniken, Achtsamkeit, Visualisierungen oder achtsame Körperarbeit. Erst danach kann das eigentliche Trauma behutsam bearbeitet werden. Je nach Grad der Traumatisierung kann diese Phase länger oder kürzer dauern.

2. Traumabearbeitung: Viele traumatisierte Klienten haben keinen Zugang zu belastenden Gefühlen und Erinnerungen. In der Integrationsphase werden diese behutsam verarbeitet - ähnlich eines Verdauungsprozesses. Dabei sind neben Erinnerungen vor allem körperliche und emotionale Reaktionen wichtig. Die Therapie hilft, die fragmentierte Erfahrung schrittweise zu integrieren. Ziel ist es, das Nervensystem zu entlasten, eingefrorene Reaktionen zu lösen und neue Verbindungen im Gehirn zu schaffen.

Dabei helfen Ressourcen: positive innere Bilder, unterstützende Beziehungen und ein neues Gefühl der eigenen Identität. Heilung bedeutet nicht, das Geschehene ungeschehen zu machen – sondern wieder in Verbindung zu kommen: mit sich selbst, mit dem Körper und mit anderen Menschen.

So entsteht allmählich ein neues inneres Gleichgewicht. Das Trauma verliert an Macht, und neue Lebensenergie wird frei. Die Betroffenen erleben wieder mehr Lebendigkeit, Kontaktfähigkeit und Vertrauen – in sich selbst und ins Leben.

3. Re-Integration: In der letzten Phase der Traumatherapie geht es darum, das Erarbeitete im Alltag anwendbar zu machen. Neue innere Haltungen, Körperwahrnehmungen und Selbstregulationsfähigkeiten werden bewusst im Leben verankert - im Beruf, im Umgang mit Freunden, in der Familie. Der Transfer unterstützt nachhaltige Veränderung und ermöglicht es, auch in zunächst noch herausfordernden Situationen verbunden und handlungsfähig zu bleiben.

Ein empathischer Therapeut, ein sicherer Therapieraum, achtsames Arbeiten und ein erfahrungsorientierter Ansatz sind sehr hilfreich. Die in der Praxis angewandten Methoden wie Neuro Affective Relational Model (NARM), Somatic Experiencing (SE) und EMDR helfen, das Nervensystem zu regulieren, alte Muster zu erkennen und traumatische Prägungen zu lösen. Wichtig ist ein individueller, schrittweiser Prozess. Darüber hinaus gibt es andere Ansätze, wie u.a. die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT).

Körperorientierte Ansätze beziehen das Nervensystem direkt mit ein. Traumareaktionen sind oft im Körper gespeichert (z. B. Übererregung, Erstarrung). Durch Spüren, Bewegungsimpulse und Achtsamkeit kann der Körper neue Erfahrungen von Sicherheit machen. Das spricht tiefe Ebenen der Selbstregulation an. Diese Arbeit eignet sich auch für Menschen, die sich „irgendwie abgeschnitten“, leer oder chronisch gestresst fühlen.

NARM (nach Laurence Heller) richtet sich an Bindungstraumata, die in der Kindheit entstanden sind. Es hilft, alte Schutzstrategien zu erkennen und neue Beziehungs- und Selbstwahrnehmung zu entwickeln. Statt Analyse der eigenen Geschichte steht das Hier und Jetzt im Fokus. Ziel ist eine gesunde Selbstregulation. Auch bei Menschen, die sich „funktional, aber innerlich leer“ fühlen, bietet NARM neue Wege der Verbindung.

SE nach Peter Levine löst eingefrorene Reaktionen wie Erstarrung oder Fluchtimpulse. Durch achtsames Spüren und langsames Pendeln zwischen Belastung und Ressourcen wird das Nervensystem gestärkt. Es ist besonders schonend und überfordert nicht. Auch bei subtilen Stressreaktionen oder diffusen Beschwerden kann SE bei der Selbstregulation unterstützen.

EMDR arbeitet mit bilateraler Stimulation (z. B. Augenbewegungen), um belastende Erinnerungen zu verarbeiten (Schock- und Entwicklungstraumata). Das Trauma wird emotional entkoppelt und besser integriert. Auch bei weniger klar erinnerbaren Belastungen in der Kindheit kann EMDR unterstützend wirken.

Trauma sitzt nicht nur im Kopf, sondern im Gedächtnis und im Nervensystem. Ein Dialog zwischen Therapeut und Klient kann stabilisieren, aber löst die tieferen Reaktionsmuster nicht. Gefühltes Erleben im Körper ist zentral für Heilung. Auch wer unter „normalen“ Stressreaktionen leidet, profitiert zumeist von körperorientierter Arbeit.

Flashbacks sind intensive und sehr lebendige Erinnerungen, in denen sich das Trauma „real“ anfühlt. Betroffene erleben plötzlich Bilder, Geräusche oder Gefühle wie in der Stresssituation damals. Erdungstechniken und Achtsamkeit helfen, sich ins Hier und Jetzt zurückzuholen.

Dissoziation ist eine Schutzreaktion: Man „verlässt“ den Moment, um Schmerz nicht zu fühlen. Viele erleben Leere, Nebel oder das Gefühl, „nicht ganz da“ zu sein. In der Therapie wird gelernt, frühzeitig gegenzusteuern und im Körper zu bleiben. Auch bei milden Formen wie häufiger Tagträumerei oder innerer Abwesenheit kann Dissoziation eine Rolle spielen.

Das Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft. Albträume, Wachphasen oder Einschlafprobleme sind häufig. Stabilisierung, abendliche Rituale und traumaorientierte Methoden helfen, den Schlaf zu verbessern. Auch bei andauernden Einschlafschwierigkeiten ohne ein klinisches Trauma kann eine unbewusste Belastung vorliegen.

Leere ist oft Folge emotionaler Abschaltung. Die Psyche schützt sich so vor Überwältigung. In der Therapie geht es darum, wieder Kontakt zu Gefühlen aufzubauen – langsam, sicher, im eigenen Tempo. Auch wer sich „nicht ganz lebendig“ fühlt, kann von körperzentrierter Arbeit profitieren.

Viele Betroffene können schwer Vertrauen fassen, reagieren über oder ziehen sich zurück. Alte Schutzmuster stören oft Bindung und Nähe. Therapie hilft, neue Beziehungserfahrungen zu machen und gesündere Handlungs- und Kommunikationsmuster zu entwickeln. Beziehungsschwierigkeiten können immer auch durch das Trauma-Spektrum verursacht worden sein.

Es gibt keine „beste Methode“. In Studien wurde immer wieder belegt, dass die Präsenz, Empathie und Haltung der Therapeuten wichtiger sind als Tools und Instrumente. Wirksam sind Ansätze, die individuell angepasst werden. In meiner Praxis ergänzt sich NARM, SE und EMDR sich sehr gut: Sie verbinden Körperarbeit, Beziehungsarbeit und Erinnerungsverarbeitung. Entscheidend ist, dass Therapie Sicherheit bietet und erfahrungsorientiert arbeitet.

In den letzten Jahrzehnten sind viele exzellente Bücher zum Thema geschrieben worden. Klienten empfehle ich oft
1. „Posttraumatische Belastungsstörung - Vom Überleben zu neuem Leben: Ein praktischer Ratgeber zur Überwindung von Kindheitstraumata“ von Pete Walker (6. Auflage 2023)
2. „Das Trauma in dir: Wie der Körper den Schrecken festhält und wie wir heilen können“ von Bessel van der Kolk (2023 Taschenbuch; zuvor in der 9. Auflage als Hardcover)
3. „Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt“ von Peter Levine
4. „Das Trauma-Spektrum - Verborgene Wunden und die Kraft der Resilienz“ (2014) von Robert Scaer
5. „Posttraumatische Belastungsstörung“ S3 Leitlinie der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). Diese wissenschaftliche Leitlinie wurde von führenden Experten erarbeitet und reflektiert den wissenschaftlichen Stand in Deutschland von 2019.